Die Stoffwechselanalytik steht für die Analyse von Stoffwechseledukten und -produkten in Körperflüssigkeiten oder Zell-Präparationen. Die zu messenden Analyte können alimentären, aber auch medikamentösen Ursprungs sein. Zwei wesentliche Disziplinen sind zu unterscheiden:
Stoffwechseldiagnostik: Ziel ist es Unregelmäßigkeiten im Abbau von aufgenommenen Substanzen so schnell und präzise wie möglich einzugrenzen und so einen wichtigen Beitrag zur Diagnosefindung oder einem potenziellen Therapieansatz zu leisten.
Hierzu werden primär Screeningverfahren eingesetzt, die sehr schnell Hinweise auf eine große Zahl potenzieller Erkrankungen liefern. Zur Bestätigung wird auf Grund der so erarbeiteten Verdachtsdiagnose die Enzymaktivität gemessen oder die Mutation nachgewiesen.
Für den raschen und erfolgreichen Ablauf beachten Sie bitte die Abnahme- und Versandhinweise und füllen den Anforderungsbogen möglichst vollständig aus. Durch eine präzise Schilderung der klinischen Situation, von Auffälligkeiten im Routinelabor (sofern nicht bei uns veranlasst) und eventueller Medikation oder spezieller Ernährung ermöglichen Sie unseren Spezialisten die zügige Ausarbeitung eines zielführenden Befundberichts.
Therapeutisches Monitoring (TDM): Der Erfolg therapeutischer Maßnahmen lässt sich in vielen Fällen durch regelmäßiges gezieltes Überwachen eines oder weniger geeigneter Parameter verfolgen und darstellen. Dazu gehören die Spiegelkontrolle von Medikamenten bzw. derer Metabolite oder die Begleitung und Verlaufskontrolle bei diätetischer Therapie.
Beispiele dafür sind spezielle Diäten und Substitutionstherapien von Aminosäuren oder L-Carnitin bei Stoffwechselpatienten, aber auch Antikonvulsivaspiegel bei Epilepsiepatienten oder Immunsuppressiva im Rahmen der Transplantationsbegleitung. Methodisch kommen für die jeweilige Fragestellung optimierte, hochauflösende Meßanordnungen zum Einsatz.
Präanalytik
Für den raschen und erfolgreichen Ablauf beachten Sie bitte die Abnahme- und Versandhinweise und füllen den Anforderungsbogen möglichst vollständig aus. Durch eine präzise Schilderung der klinischen Situation, von Auffälligkeiten im Routinelabor (sofern nicht bei uns veranlasst) und eventueller Medikation oder spezieller Ernährung ermöglichen Sie unseren Spezialisten die zügige Ausarbeitung eines zielführenden Befundberichts.
Hinweise zur fachgerechten Präanalytik von Blut, Trockenblutkarte, Urin.pdf
Selbsverständlich stellen wir unseren Patienten Versandmaterialien zur Verfügung und übernehmen die Portokosten für Sie.
Wir versichern Ihnen, dass wir Ihre Daten unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Vorschriften vertraulich behandeln. Für detaillierte Informationen verweisen wir auf unsere Unterseite „Datenschutz“. Dort sind auch Ihre Ansprechpartner für diesbezügliche Fragen aufgeführt.
Häufig ist es sinnvoll und hilfreich, wenn wir neben der/dem einsenden Ärztin/Arzt auch Sie direkt, das betreuende Stoffwechselzentrum und/oder die mitbetreuende Diätetik zeitgleich über Ergebnisse informieren. So sind bei auftretenden Fragen alle auf dem selben Wissensstand. Wenn Sie diesen Service nutzen wollen, benötigen wir Ihr schiftliches Einverständnis, das Sie selbstverständlich jederzeit ohne Angabe von Gründen wiederrufen können. Ein entsprechendes Formblatt finden sie hier:
Für die Abklärung von Krampfanfällen unklarer Genese schlagen wir folgendes Vorgehen vor:
Stufe 1: Metabolisches Basis-Screening
• Acylcarnitine (Trockenblutkarte, 1-2 Kreise), • Aminosäuren (ca. 0,5 ml Serum oder Plasma), • organische Säuren (ca. 5 ml Spontanurin).
Stufe 2: Spezielle Untersuchungen
• spezifische Anfallsmarker: 2-Aminoadipinsäuresemialdehyd, Guanidinoazetat, Kreatin, Kreatinin, Pipecolinsäure, Prolin (ca. 5ml Spontanurin) • Homocystein (Trockenblutkarte, 1-2 Kreise oder ca. 0,5 ml Serum oder Plasma) • Transferrine (Screening auf CDG-Syndrom, ca. 0,5 ml Serum oder Plasma) • überlangkettige Fettsäuren (z. A. peroxisomaler Störungen, ca. 0,5 ml Serum oder Plasma) • Screening auf Oligosaccharidosen (ca. 10 ml Spontanurin)
Stufe 3: Weitere Spezialuntersuchungen
• Purine & Pyrimidine (ca. 5 ml Spontanurin) • Screening auf Mucopolysaccharidosen (ca. 10 ml Spontanurin) • Ausschluss Menkes Disease (Kupfer und Ceruloplasmin, ca. 1 ml Serum)
Acylcarnitine
Letzte Aktualisierung: 25.07.2016
Die Acylcarnitine werden mittels Tandem-Massenspektrometrie bestimmt. Das Verfahren ist aus dem Neugeborenenscreening (NGS) bekannt. Im Gegensatz zum Routine-NGS sind wir im selektiven Screening nicht auf wenige Zielkrankheiten limitiert und können so Hinweise auf zahlreiche Erkrankungen in einer Massenspektrometrischen Analyse finden. Ergänzende Untersuchungen (sogenannte Second-Tier Tests) bei fraglichen Auffälligkeiten stehen zur Verfügung und werden im Bedarfsfall ohne zusätzliche Berechnung angeschlossen. Das Ergebnis liegt in der Regel innerhalb von 48 h nach Eingang im Labor vor.
Das Material der Wahl ist die Filter-(Trockenblut-, auch: Guthrie-)Karte, wie wir sie aus dem NGS kennen. Hier liegen die statistisch am besten gesicherten Referenzwerte vor. Für spezielle Fragestellungen ist ergänzend die Analyse aus Urin oder Serum wegweisend. Beispiele sind die Abklärung einer möglichen Glutarazidurie Typ I (Acylcarnitine aus Urin und TBK, org. Säuren aus Urin) oder eines CPT-II-Mangels (Carnitinpalmitoyltransferase II). Letzteres ist aus Serum / Plasma verlässlicher zu diagnostizieren.
Zur Analyse der Aminosäuren setzen wir UPLC-MSMS ein. Die Trennung gestalten wir abhängig von der Fragestellung so, dass alle relevanten Aminosäuren hinreichend aufgelöst sind. Zwar gilt derzeit noch die Anionenaustauschchromatographie (AEC) als Goldstandard, wird aber mehr und mehr von modernen massenspektrometrischen Verfahren abgelöst. Auch wenn diese Technik nicht für alle Aminosäuren die ausgezeichnete Präzision der AEC erreicht, so ist sie in Bezug auf Selektivität (zweifelsfreie Identifizierung der Analyte) und Analysendauer (10 min. gegenüber 2,5 h) sehr deutlich überlegen. Das bedeutet für Sie, dass Ihr Ergebnis in den meisten Fällen innerhalb von 48 h nach Probeneingang im Labor vorliegt und an Sie übermittelt wird.
Klinisch sollte der Ausschluss einer Aminoazidopathie u. a. erwogen werden bei Hyperammonämien, unklarer Azidose, Koma, akuter Verschlechterung, atypisch schwerem oder langem Verlauf banaler Infekte oder progredienter neurologischer Symptomatik. In vielen Fällen besteht eine Therapieoption deren Ergebnis stark vom frühzeitigen Beginn beeinflusst wird.
Von speziellen Fragestellungen abgesehen ist Plasma oder Serum das Material der Wahl. Das Blut muss möglichst schnell, spätestens innerhalb von 1 h nach Blutentnahme, zentrifugiert und das Serum/Plasma von den festen Blutbestandteilen abgetrennt werden. Mit zunehmender Verzögerung steigt das Risiko falsch positiver oder falsch negativer Ergebnisse. Wenn keine Möglichkeit zur zeitnahen Zentrifugation besteht, dann stellt die Trockenblutkarte eine ausgezeichnete Alternative dar. Nach dem Trocknen ist die Probe stabil und erfordert keine weiteren präanalytischen Maßnahmen. Aktuelle Messanordnungen (UPLC-MSMS) und neue Derivatisierungsreagenzien ermöglichen heute aussagekräftige Ergebnisse auch aus sehr kleinen Probenmengen.
Im Rahmen des Aminosäure-Screenings prüfen wir auf Hinweise für das Vorliegen von:
Die organischen Säuren bestimmen wir, indem wir sie unter Einsatz geeigneter Reagenzien und Extraktionsmethoden aus der wässrigen Urinprobe isolieren und in eine für die Messung geeignete Form überführen. Die Analyse erfolgt mittels Gaschromatographie und massenselektiver Detektion. Dies ist der derzeitige (September 2018) Goldstandard, also das am weitesten verbreitete Verfahren, dass zudem die grösste wissenschaftliche Akzeptanz besitzt. Mit dieser Technik lassen sich weit über 100 verschiedene Substanzen im Urin bestimmen, von denen einige nach aktuellem Kenntnisstand Hinweise auf eine Stoffwechselanomalie liefern können. Neben den diagnostisch relevanten organischen Säuren können so auch Medikamente, deren Abbauprodukte und viele Giftstoffe nachgewiesen werden.
Das klinische Bild bei Organoazidurien ist sehr variabel: rezidivierendes oder chronisches Erbrechen, muskuläre Hypotonie, Koma, Lethargie, neurologische Auffälligkeiten, Trinkschwäche und viele andere können auf eine Organoazidurie hinweisen.
Im Routinelabor zeigen sich u. a. Ketose, erhöhte Konzentrationen von Laktat, Ammoniak oder (rezidivierende) Hypoglykämie.
Das am besten geeignete Probenmaterial ist eine Spontanurinprobe. Benötigt werden ca. 5 ml. Ideal ist der erste Morgenurin. Die Konservierung der Probe z. B. mit 2 Tropfen Chloroform oder Dichlormethan trägt wesentlich dazu bei bakterielle Artefakte und damit falsch positive, aber kontrollbedürftige Ergebnisse zu vermeiden.
Mit der Analyse der organischen Säuren aus ca. 5 ml Spontanurin prüfen wir auf Hinweise für folgende Stoffwechselstörungen:
Die wesentlichen Vorgänge, die in den Peroxisomen stattfinden, sind:
• die Oxidation sehr langkettiger Fettsäuren (VLCFA), • die Biosynthese der Plasmalogene (Phospholipide), sowie • die Synthese der Gallensäuren.
Untersucht werden die Konzentrationen der sehr langkettigen Fettsäuren (auch gebräuchlich: über-langkettige Fettsäuren), namentlich der Behen- (C 22), Lignocerin- (C 24) und Cerotinsäure (C 26), sowie von Phytan- und Pristansäure.
Klinisch finden sich in fast allen Fällen neurologische Auffälligkeiten unterschiedlicher Ausprägung: Als Leitsymptome gelten Hypotonie, Ataxie oder Krampfanfälle. Daneben werden Dysmorphien (hohe Stirn, große Fontanelle, flache Nasenwurzel) sowie Leber- und Skelettauffälligkeiten mit dieser Krankheitsklasse assoziiert.
Material der Wahl ist eine Serum- oder Plasmaprobe. Ideal sind 0,5 ml, das Blut sollte schnell, spätestens innerhalb 1 h nach der Blutentnahme, zentrifugiert und von den festen Blutbestandteilen separiert werden. Die Trockenblutkarte ist hier leider (noch) keine gleichwertige Alternative.
Die über die VLCFA diagnostizierbaren Erkrankungen sind:
Adrenomyeloneuropathie Alpha-Methylacyl-CoA-Racemase Mangel Infantiler Morbus Refsum Mangel an D-bifunktionalem Protein Morbus Refsum Neonatale ALD Peroxisomaler Acyl-CoA-Oxidasemangel Rhizomele Chondrodyplasia punctata Typ 1 Rhizomele Chondrodyplasia punctata Typ 2 Rhizomele Chondrodyplasia punctata Typ 3 X-chromosomale Adrenoleukodystrophie Zellweger Syndrom
CDG-Syndrome
Congenital Disorder of Glycosylation, (auch: Carbohydrate deficient Glycoprotein) bezeichnet eine Gruppe von Erkrankungen, die Fehler in der Glykoproteinsynthese gemeinsam haben. Unterschieden werden zwei Haupttypen, CDG Typ 1 und Typ 2. Typ 1 bezeichnet Störungen von Mechanismen, die im Zytosol oder endoplasmatischen Retikulum ablaufen. Typ 2 werden Defekte zugeordnet, deren Syntheseschritte überwiegend im Golgi-Apparat stattfinden.
Zur Diagnose bzw. zum Ausschluss von CDG-Syndromen werden Transferrine gemessen, meist mittels isoelektrischer Fokussierung. Ebenso geeignet sind auch HPLC-Methoden. Kriterium für die Eignung des Verfahrens ist die Auftrennug von Asialo, Mono-, Di-, Tri- und Tetrasialotransferrin. Unsere akkreditierte HPLC-Methodik leistet das mit sehr guter Auflösung und ist somit gut geeignet, CDG Typ1 (Di- und / oder Asialotransferrin erhöht) und Typ 2 (auch Tri- und Monosialotransferrin erhöht) zweifelsfrei zu unterscheiden und Abweichungen gegenüber einem normalen CDG-Profil darzustellen. PMM2-CDG (früher: CDG Ia) ist mit ca. 80% der diagnostizierten Patienten (Stand: 01/2016) der häufigste Defekt dieser Gruppe.
Klinisch zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Die ersten klinischen Zeichen können im frühen Säuglingsalter, aber auch erst später in der Kindheit beobachtet werden. Dysmorphien, psychomotorische Retardierung, Gedeihstörung, Hypotonie, Epilepsie sind genau so beschrieben, wie Auffälligkeiten der Augen, des Herzens, der Leber oder Niere.
Zum Screening auf das Vorliegen eines CDG-Syndroms benötigen wir 0,5 ml Serum oder Plasma.
Cholesterol-Biosynthese
Die Untersuchung auf Störungen der Cholesterol-Biosynthese führen wir mittels Gaschromatographie und massenselektiver Detektion (GC/MS) aus.
Cholesterol wird nur zu einem kleinen Bruchteil über die Nahrung aufgenommen. Der Hauptanteil wird vom Körper selber aus Acetyl-CoA über mehrere Zwischenprodukte synthetisiert. Bei fehlender oder verminderter Aktivität eines der beteiligten Enzyme akkumuliert das Edukt dieses Schritts. In der Konsequenz messen wir eine erhöhte Konzentration dieses Edukts. Gelegentlich wird beim bekanntesten Defekt, dem Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLOS), eine verminderte Konzentration von Cholesterol beobachtet.
Cholesterol ist eine wichtige Vorstufe für die Synthese diverser Steroidhormeone und für den Aufbau von Zellmembranen.
In der Konsequenz zeigen sich bei Störungen der Cholesterol-Biosynthese Fehlentwicklungen oder Missbildungen.
Für die Analyse benötigen wir ca. 0,5 ml Serum/Plasma.
Quellen
Die auf der Homepage des Instituts für Laboratoriumsmedizin, Profes. Dres. J. und F. Blessing und Kollegen, Abteilung Stoffwechselanalytik zusammengefassten Informationen wurden im Wesentlichen (auf Einzelnachweise wird verzichtet) aus folgenden Informationsquellen gewonnen:
1. Metabolic and Genetic Information Center, G. Frauendienst-Egger, H. Götz, F. K. Trefz, http://www.metagene.de
2. OMIM – online mendelian inheritance in man, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/omim
3. J. Zschocke, G. F. Hoffmann: Vademecum Metabolicum,5. Auflage, Milupa Metabolics GmbH 2021
4. J. Zschocke, G. F. Hoffmann: Vademecum Metabolicum, electronic version, www.vademetab.org
5. N. Blau, M. Duran, K. M. Gibson, C. Dionisi-Vici et. al.: Physician’s Guide to the Diagnosis, Treatment and Follow-Up of Inherited Metabolic Diseases, 2. Auflage, Springer, 2022
6. N. Blau, M. Duran, M. E. Blaskovics, K. M. Gibson et. al.: Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases, 2nd Edition, Springer, 2003
7. N. Blau, M. Duran, K. M. Gibson et. al.: Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, 2. Auflage Edition, Springer, 2008
8. orphanet - Das Portal für seltenen Krankheiten und Orphan Drugs https://www.orpha.net
9. G. Michal: Biochemical Pathways, 1. Auflage,Spektrum, 1999
10. Sarstedt AG: Tipps und Tricks in der Präanalytik, 453f-100-1012-0213